Open Space – die etwas andere Konferenz

„Das Beste an den Konferenzen sind eigentlich die Kaffeepausen.“ Nachdem Harrison Owen zahlreiche sorgfältig durchgeplante Events organisiert hatte, war diese Erkenntnis zuerst ernüchternd. Wozu der ganze Zauber, wenn dann in zwanglosen Bewegungen und Begegnungen zwischen Stehtischen nicht selten viel spannendere Themen besprochen werden als im Hauptsaal? Warum kann nicht einfach die ganze Veranstaltung so ablaufen? Aus diesen Überlegungen heraus kreierte Harrison Owen – eigentlich eher zum Spaß – die erste Open-Space-Konferenz und war selbst überrascht, dass diese einfache Einladung zur Selbstorganisation immer und immer und immer wieder funktionierte.

Zu Beginn ist da nur eine große Runde möglicherweise sehr interessanter Menschen und eine leere Wand, auf der mögliche Zeiten und Räume für die nächsten Stunden und Tage notiert sind. Was wann wo passieren wird – das liegt an den Teilnehmer*innen, denn hier kann prinzipiell jede*r die Initiative ergreifen und ein Angebot starten. Mancherorts werden zusätzlich einige Impulsgeber*innen, eingeladen, die ihre Erfahrungen und Expertise mit dem Thema wie alle anderen im Open Space einbringen. Ist die Programmwand gefüllt und sind alle Räume vergeben, geht es erst richtig los.

SchülerInnen und lokal engagierte Menschen im Gespräch - Zukunftstag mit Open Space im SZE St. Pölten 2017

SchülerInnen und lokal engagierte Menschen im Gespräch – Zukunftstag mit Open Space im SZE St. Pölten 2017

Was Gespräche in Kaffeepausen so lebendig macht, ist u. a. die Tatsache, dass sich alle sehr frei bewegen können. Man schaut sich um und hat zu irgendeinem Menschen oder Tischgrüppchen Resonanz. Vielleicht hört man einfach mal zu, wirft etwas ein, endet in einer tiefschürfenden Diskussion – oder geht ganz ungezwungen wieder weiter, sobald das eigene Interesse nachlässt und am Nachbartisch ein wichtiges Stichwort gefallen ist. Aus diesen Beobachtungen heraus hat Harrison Owen vier Open-Space-Prinzipien und das „Gesetz der zwei Füße“ formuliert:

„Das Gesetz der zwei Füße“ besagt, dass jede*r nur so lange in einer Gruppe bleiben soll, solange er*sie dort einen Beitrag leisten und/oder etwas lernen kann. Man darf jederzeit auch mittendrin aufstehen und in eine andere Gruppe gehen oder einfach nichts tun und die Gedanken schweifen lassen an irgendeinem netten Platz.

Dazu passend unterstreichen die vier Prinzipien das Vertrauen in die organischen Dynamiken der Selbstorganisation:

  1. Wer immer kommt, ist gerade die richtige Person.
  2. Was auch geschehen mag – es ist das Einzige, was geschehen kann.
  3. Wann immer es beginnt, es ist die richtige Zeit.
  4. Vorbei ist vorbei.
"Klöster der Zukunft" - Open Space bei der Konferenz in Seebenstein 2012

„Klöster der Zukunft“ – Open Space bei der Konferenz in Seebenstein 2012

Was nach dem Open Space meist bleibt, sind neben den inhaltlichen Erkenntnisschätzen, konkreten Problemlösungen, hilfreichen Kontakten, geplanten und gestarteten Initiativen auch wertvolle Erfahrungen mit eigenverantwortlichem Handeln. In diesem Setting ist niemand mehr gezwungen, womöglich über sich ergehen zu lassen, was vorgesetzt wurde, , sondern wird ermutigt selbst zu entscheiden, was mensch mit der eigenen Zeit und Energie macht. Das gilt im Grunde auch für alle möglichen anderen Orte, an denen wir uns sonst so bewegen. Oft stellen sich dieselbenFragen: Was kann ich hier lernen? Was kann ich einbringen? Wie kann ich mitgestalten?

PS: Eine einzige Beschwerde kommt nach Open-Space-Symposien jedes Mal. „Da läuft so viel Interessantes gleichzeitig. Ich kann mich nicht entscheiden!“ Das können wir nicht ändern, denn das ist leider genau so wie auch sonst im Leben: Man versäumt einfach fast immer fast alles. ;-)

Buchtipp: Harrison Owen, Open Space Technology – Ein Leitfaden für die Praxis, Schäffer-Poeschel Verlag, 2011

Ausblick:

Zu Pfingsten 2.-5. Juni 2017 moderiere ich wieder das große Open-Space-Symposium von GEA/Waldviertler in Schrems zum Thema „Gemeinsinniges Wirtschaften“. Herzlich Willkommen!

 

Rückblick:

Manchmal passt das Open-Space-Prinzip auch super für kürzere Zusammenkünfte.
Beispiel 1: Zuletzt war ich eingeladen, einen „Zukunftstag“ am SZE St. Pölten zu moderieren. Nachdem die SchülerInnen von 5 Klassen sich unseren Film DIE ZUKUNFT IST BESSER ALS IHR RUF angeschaut hatten, machten sie selbst Kurzfilme und Plakate über Menschen, die sie in ihrem Umfeld inspirieren. Danach luden wir alle in die Schule zu einem Zukunftstag, wo die Klassen leergeräumt wurden und im Open Space an einem Schulvormittag viel Raum für lebendigen Austausch entstand.

"Das Private ist immer noch politisch" - Open Space für den Österreichischen Frauenrat 2017„Das Private ist immer noch politisch“ – Open Space für den Österreichischen Frauenrat 2017

Beispiel 2: Der Österreichische Frauenrat lud mich ein, einen Abend im Bruno Kreisky Forum zu moderieren zum Thema „Perspektiven einer jüngeren Generation – Das Private ist immer noch politisch“. Das Feedback seitens der Organisation rund um Margit Fischer: „Ein offener Austausch von Frauen unterschiedlicher Generationen – das ist Teresa Distelberger mit ihrer professionellen und charmanten Moderation eines Mini-Open-Space beim Österreichischen Frauenrat im April 2017 gelungen. Herzlichen Dank!“

Es ist für mich immer wieder eine Freude, auf diese Weise Räume für Begegnung und wichtige Themen zu hosten. Jederzeit gerne wieder… ;)

 

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

*

*